NB: Herr Koerbl... Kannste jetzt - bitte - endlich den Fernseher ausmachen?
JMK: Nein!
NB: (beiseite.) ...dann ehm nich’. (sammelt sich.) Herr Koerbl, in Ihrem Stück NEIN beschreiben Sie den Zustand der Welt...
JMK: (unterbricht.) Nein.
NB: Ihr Stück hat also keinerlei Bezug zur Realität?
JMK: Nein.
NB: Können Sie das vielleicht näher erläutern?
JMK: (verdreht die Augen.) Nein.
NB: Aber Sie haben nichts gegen ein Interview?
JMK: (verständnislos.) Nein.
NB: (seufzt.) Dann versuchen wir es mit ein paar persönlichen Fragen. Ihr Agent hat uns allerdings mitgeteilt, daß Sie solche Fragen nicht beantworten möchten. Entspricht das tatsächlich Ihren Wünschen?
JMK: (leichthin.) Nein.
NB: Sie sind in Stendal...
JMK: (gelangweilt.) Nein.
NB: (irritiert.) In Leipzig haben Sie dann...
JMK: (unwirsch.) Nein!
(Pause. Atmen.)
NB: Sie leben hier gemeinsam mit einer Katze?
JMK: (erstaunt.) Nein.
NB: Aber ich sehe eine Katze.
JMK: (bestimmt.) Nein.
NB: Wollen Sie behaupten, das (deutet.) ist keine Katze.
JMK: Nein.
NB: Sehen Sie, was ich sehe?
JMK: (überlegen.) Nein.
NB: Sie waren verheiratet.
(Schweigen.)
NB: Waren Sie je glücklich in einer Ihrer Ehen?
JMK: (sofort.) Nein.
NB: Sind Sie gerade verliebt?
JMK: (verschmitzt.) Nein.
NB: Stimmt es eigentlich, daß Sie immer noch dreimal am Tag Sex haben, wie einige Boulevardblätter berichten!
JMK: (hält vier Finger hoch.) Nein!
NB: (angewidert.) Glückwunsch!
(Verzweifeltes Blättern.)
NB: (murmelt.) Sie halten sich wohl für einen echten Kracher...
JMK: (unschuldig.) Nein.
NB: Der große, inzwischen leider verstorbene Heiner Müller war Ihr wichtigster Förderer.
JMK: (wütend.) Nein. Nein. Nein!
NB: Was ist denn jetzt gegen Hei...
JMK: (mit Nachdruck.) Nein!
NB: (holt tief Luft.) Der Pop-Artist und Selbstdarsteller Heiner Müller hat Sie immer protegiert. Haben Sie jemals einen Whisky getrunken, den Müller bezahlt hat?
JMK: (listig.) Nein.
NB: Sie haben also Ihren Schnaps immer selbst bezahlt?
JMK: (grinsend.) Nein.
NB: Udo Lindenberg hatte also nichts mit Ihrer Champagnerrechnung in diesem bekannten Berliner Hotel zu tun?
JMK: Nein.
NB: (verschlagen.) Das Kokain, das Lindenberg Ihnen angeboten hat, haben Sie also rigoros ausgeschlagen?
JMK: (auftrumpfend.) Nein!
(Schweigen.)
NB: Interessieren Sie sich eigentlich für Politik?
JMK: (erstaunt.) Nein?
NB: Halten Sie den Kapitalismus für eine überholte Gesellschaftsform?
JMK: (geradezu erleichtert.) Nein.
NB: (stöhnt.) Würden Sie das Bundesverdienstkreuz ausschlagen?
JMK: (gequält.) ...Nein.
NB: Haben Sie eine Bombe?
JMK: (triumphierend.) Nein!
NB: (erbost.) Ich glaub Ihnen kein Wort!
JMK: (unschuldig.) Nein?
NB: Nein!
JMK: ???
NB: Sie wollten Fußball schauen...
JMK: (überzeugt.) Nein.
NB: Aber der scheiß Fernseher läuft immer noch!
JMK: (grinst.)
NB: Lieben Sie...
JMK: (aufgebracht.) Nein.
NB: (verzweifelt.) ...Brahms?
JMK: Tooooooooooooooooor!
Das Interview für die Neinbande führte Einsteinauge im Herbst 2012.